Bericht über die Orgelreise mit Annerös Hulliger durch die Cadi

Vom 2. bis 9. Juni 2024 bereiste die Berner Orgelvirtuosin Annerös Hulliger mit einer Gruppe von dreissig LiebhaberInnen der Orgelmusik das Vorderrheintal von Schlans bis Disentis, mit Abstechern nach Zarcuns (bei Sedrun) und in das Medelstal (nach Curaglia und Platta). Die Gruppe genoss Gastrecht mit Halbpension im wohnlich-komfortablen Hotelbereich des Klosters von Disentis. Die Musikerin stellte alle Orgeln selbst in konzertanter Weise vor, wobei sie stets eine den unterschiedlichen Instrumenten angepasste Reihe von Werken darbot und die Besonderheiten der jeweiligen Orgel kommentierte. Da sich Annerös Hulliger hervorragend auf die Bearbeitung von überlieferten Werken, auf Volksmusik und auf die Kunst der Improvisation versteht, kamen auch erfahrene OrganistInnen täglich in den Genuss inspirierender neuer Hörerfahrungen. Die TeilnehmerInnen lernten die Orgeln von Schlans (Gebr. Mayer, 1893), Trun (Wallfahrtskirche Nossadunna dalla Glisch: Kuhn 1993), Curaglia (Metzler 1999), Platta (Späth 1954), Acletta (Sacchi 1826), Disentis (Pfarrkirche: Metzler 1977: Klosterkirche: Chororgel, Mathis 1979; Hauptorgel, Gattringer 1934, erweitert 2020 durch Kuhn AG), Rabius (Felsberg 1979), Surrein (Goll-Orgel von 1891; 1994 revidiert von Arno Caluori und 2017 restauriert sowie in neuem Gehäuse wieder aufgebaut von Peter Kraul), Sumvitg (Späth 1997, in Gehäuse von 1815), Zarcuns (1856, wohl erbaut durch Gion Flurin Coray, 1993 restauriert durch Arno Caluori) und Cavardiras (Späth 1986) kennen.

In bewährter Weise organisierte und leitete Annerös Hulliger persönlich diese einwöchige Expedition durch die uralte Kulturlandschaft der Cadi. Der Name bedeutet „Haus Gottes“ (lat. Casa Dei). In dieser auch landschaftlich erhabenen Region (wie auch in der Val Lumnezia, südlich von Ilanz) findet man auf kleinstem Raum eine aussergewöhnliche Anzahl und Vielfalt von Kirchen. Kapellen und Orgeln. Da die Instrumente aus ganz unterschiedlichen Epochen stammen und sorgfältig gepflegt werden, können OrgelliebhaberInnen unmittelbar erleben (und ggf. auch „ertasten“), was sie in Lehrbüchern und Weiterbildungskursen über die unterschiedlichen Epochen des Orgelbaus – z.B. über die „kurze Oktave“ oder über die Vor- und Nachteile pneumatischer, elektromagnetischer und mechanischer Traktur – vernommen haben.

Hinzu kamen aufschlussreiche Informationen lokal verwurzelter Persönlichkeiten über die bereiste Gegend. So informierten der frühere Leiter des Zürcher Rietberg-Museums Albert Lutz im Hotel Medelina in Curaglia wie auch der Pfarrer Giusep Venzin in der alten Pfarrkirche von Platta über bewegte Epochen der Kulturgeschichte des Medelstals und des Lukmaniers. Dabei konnte auch der in Curaglia Tag und Nacht frei zugängliche „Kulturstall“ „La Vitrina“ mit historischen Fotos und aufschlussreichen Filmen über die Kulturgeschichte dieses besonderen Tals besichtigt werden. (Links zu diesen Filmen findet man hier.) In Surrein informierte der Kirchgemeindepräsident Walter Deplazes über den Verlauf der Orgelrestaurierung und die unterschiedlichen Orgeln der seit dem Jahr 2017 mit Sumvitg und Rabius fusionierten Kirchgemeinde „Pleiv Sumvitg“. Im Kloster Disentis gab es eine Orgelvorführung der prachtvoll restaurierten grossen Gattringer-Orgel (1934) durch Bruder Stefan, den Organisten des Klosters, sowie eine Führung von Pater Theo durch einige besondere Räumlichkeiten der Klosteranlage und durch die Klosterkirche.

Vorführung der Gattringer-Orgel (Klosterkirche Disentis) durch Bruder Stefan

An einem freien Halbtag konnten die TeilnemerInnen auf eigene Faust Wanderungen unternehmen, den Bergfrühling geniessen oder mit der Rhätischen Bahn zum Oberalppass oder nach Ilanz fahren. Der krönende Abschluss der erlebnisreichen Orgelfahrt durch den obersten Teil der Surselva war Annerös Hulligers Konzert auf der Chororgel und der Gattringer-Orgel in der festlich beleuchteten Klosterkirche von Disentis. Wer dabei war, wird diese intensive Reise und die bewegenden Klangerfahrungen nicht vergessen. Annerös Hulliger verdient Dank für ihren Grosseinsatz vor und während der Reise!